Ach, der November in Empuriabrava!

Es war wieder mal ein Monat, der nicht ohne war. Ihr wisst ja, Empuriabrava ist nicht nur für seine Kanäle bekannt, sondern auch für den "Tramuntana" – diesen starken, sturmartigen Nord - Wind, der durch die Straßen pfeift, als hätte er einen persönlichen Groll gegen alles, was nicht niet- und nagelfest ist. So manche Müllcontainer veranstalteten ein illegales Straßenrennen. Oft mit Unfällen bei denen sich ihr Eingeweide auf die Straße  verteilte.

Anfang November dachte ich noch, dass wir ein paar ruhige Tage genießen könnten. Aber Pustekuchen! Sobald das Wetter ein bisschen kühler wird, verändern sich die Touristen. Sie ziehen wie Vögel in Schwärmen durch die Stadt, aber anstatt zu fliegen, stolpern sie in die Supermärkte. Hier kommt dann das Phänomen, das ich „Tanz der Einkaufswagen“ nenne. Stellt euch vor: Eine Horde von Menschen, die nicht wissen, ob sie lieber Brot oder Kekse kaufen sollen, und dabei mit ihren Wagen herumjonglieren, als gäbe es eine Meisterschaft zu gewinnen.

Dann gibt es noch die Straßen und Tankstellen. Ach, die Tankstellen! Ein Ort, an dem man normalerweise nur kurz hält, wird zum Schauplatz für ein kleines Drama. Da wird diskutiert, wer zuerst dran ist, als ob es das letzte Benzin vor dem Weltuntergang wäre. Und auf den Straßen? Da fahren manche, als hätten sie die Regeln erst gestern in einer Cornflakes-Packung gefunden.


Aber der echte Höhepunkt kommt, wenn es regnet. Ihr müsst wissen, Regentage in Empuriabrava sind wie eine unerwartete Wendung in einer Seifenoper. Die Touristen, die sonst am Strand liegen, wissen plötzlich nicht mehr wohin mit sich. Cafés und kleine Geschäfte werden überrannt, als gäbe es dort etwas umsonst.

In Empuriabrava, wo das Leben nie langweilig ist, findet man inmitten des Trubels immer wieder kleine skurrile Szenen. Wie zum Beispiel die resolute ältere Dame, die ihr Eis genoss, während der Tramuntana-Wind versuchte, eine Eiskugel nach der anderen in eine Luftakrobatiknummer zu verwandeln. Jeder Versuch, das Eis zu lecken, endete in einer slapstickartigen Szene, bei der das Eis eher ihr Gesicht als ihren Mund fand.


Oder nehmen wir den kleinen Jungen im Supermarkt – ein kleiner Visionär. Mit der Überzeugung eines zukünftigen Elon Musk verkündete er, dass sein Traumberuf "Einkaufswagen-Rennfahrer" sei. Ich musste grinsen bei dem Gedanken an eine Zukunft, in der Supermarktgänge zu Rennstrecken umfunktioniert werden, mit kleinen Rennfahrern in Tesla-Einkaufswagen, die zwischen Konserven und Frischwaren ihre Kreise ziehen. Nur in Empuriabrava kann das Träumen so herrlich absurd sein!

Ja, der November in Empuriabrava ist immer für eine Überraschung gut!

Eines Tages saß ich in meinem Lieblingscafé am Kanal, beobachtete die Boote und die vorbeiziehenden Wolken, als plötzlich ein Pärchen aus Touristen mit einem Stadtplan in der Hand neben mir stand. Sie fragten nach dem Weg zum nächsten Souvenirladen, aber ihr Stadtplan sah aus, als hätten sie ihn aus einem Piratenfilm entwendet – so viele Knicke und Risse, dass ich mich wunderte, wie überhaupt noch etwas darauf zu erkennen war.

Hatten die kein Smartphone mit Google-Maps?


Dann gab es noch diese Szene an der Brücke. Ein älterer Herr, offenbar ein Tourist, versuchte verzweifelt, ein Selfie mit dem Tramuntana zu machen. Ja, ihr habt richtig gehört, mit dem stürmischen Wind! Er stellte sich in Pose, das Haar wild flatternd, und klickte wie wild auf seinem Smartphone herum. Ich musste lachen, denn es sah aus, als würde er mit einem unsichtbaren Freund ringen.


Ach, und dann waren da noch die Tiere – sie hatten ihren eigenen Spaß. Besonders unvergesslich war dieser Hund, ein echter Komiker. Er entdeckte eine vom Wind erfasste Mütze und beschloss, dass dies der neueste, größte Fang seines Lebens sein sollte. Wie ein Vierbeiner-Superheld sprang er hinter der Mütze her, die mal hierhin, mal dorthin flog, immer knapp außer Reichweite. Der Besitzer, der ihm hinterherhetzte, war Teil der Show: Lachend und rufend, als würde er seinen Hund bei einer olympischen Disziplin anfeuern. Ich hätte wetten können, der Hund grinste bei jedem Sprung – ein wahrer Entertainer!


In Empuriabrava gibt es immer etwas zu lachen, besonders im November, wenn die Touristen manchmal mehr Unterhaltung bieten als das Fernsehprogramm.


Nun, lasst uns über den Tag im Bäckerladen sprechen. Da war diese Touristin, die in einer existenziellen Krise zu stecken schien – die Wahl zwischen einem Croissant und einem Pain au Chocolat. Ihr Blick hin- und hergerissen, als ob sie gerade zwischen Weltfrieden und ewigem Reichtum wählen müsste. Dann kam ihr der Geistesblitz: "Können Sie mir nicht ein Croisé-au-Chocolat backen?", fragte sie, als ob sie gerade das Rad neu erfunden hätte. Mein Bäckerfreund und ich tauschten Blicke aus, die mehr sagten als tausend Worte. Er antwortete mit größter Ernsthaftigkeit, er würde es in Erwägung ziehen. Wir haben uns tagelang köstlich amüsiert. Es war, als hätte sie nach einem Einhorn im Pferdestall gefragt – absurd, aber irgendwie auch charmant!


Ah, der junge Mann mit seinem Drachen! Stellt euch vor: Da kommt er, voller Tatendrang, um den Tramuntana zu bezwingen. Aber statt eines gewöhnlichen Drachens schleppt er ein riesiges Einhorn mit sich. Ja, ein Einhorn – weil, warum auch nicht? Jedes Mal, wenn er es steigen lassen wollte, machte das Einhorn, was Einhörner eben so machen: Es tauchte lieber im Kanal unter, statt in den Himmel aufzusteigen. Ich hätte schwören können, dass es jedes Mal ein bisschen mehr enttäuscht aussah, als es klatschnass wieder aus dem Wasser gezogen wurde. Es sah aus, als hätte jemand seinem Märchen ein unerwartetes und ziemlich nasses Ende beschert.


Und dann das Ehepaar auf dem Tandem. Wahrhaft ein Anblick für die Götter! Da entscheiden sie, Empuriabrava per Rad zu erkunden, aber ein normales Fahrrad ist ihnen zu langweilig. Also nehmen sie ein Tandem. Aber, oh weh, sie hatten wohl vergessen, dass Tandemfahren eine Kunst für sich ist. Sie zickzackten durch die Gassen, mal hierhin, mal dorthin, als wären sie Teilnehmer in einem unsichtbaren Slalomrennen. Ihre Koordination war so faszinierend schlecht, dass man meinen könnte, sie üben für eine Comedyshow. Jedes Mal, wenn sie beinahe stürzten und dabei in schallendes Gelächter ausbrachen, dachte ich: "Das ist wahre Liebe – gemeinsam chaotisch durchs Leben zu radeln.


Und dann war da noch der Gipfel des Monats: Ein Tourist kam in einen örtlichen China-markt und fragte, ob sie auch "Tramuntana-Schirme" verkaufen würden – spezielle Schirme, die gegen den starken Wind beständig sind. Der Verkäufer, der den Witz schnell verstand, sagte ihm, dass sie gerade ausverkauft seien, aber er könnte eine Vorbestellung aufgeben. Der Tourist nickte ernst und gab seine Daten an.


In Empuriabrava erlebt man eben die verrücktesten Dinge, vor allem im November, wenn der Wind und das Wetter die Leute zu den seltsamsten Ideen inspirieren. Es ist diese Mischung aus Chaos und Charme, die das Leben hier so besonders macht.

So endete der November in Empuriabrava – ein Monat voller kleiner Abenteuer, komischer Begebenheiten und herzlicher Momente. Manchmal denke ich, dass gerade diese unerwarteten Ereignisse das Leben hier so besonders machen.

Aber nun steht der Monat Dezember vor der Tür und es wird noch ruhiger und kälter.

Immerhin brennt jetzt die Weihnachtsbeleuchtung in den Straasen und erwärmt etwas unsere Seelen.


In diesem Sinne - bis nächstses Mal

Opi Gaga

Archiv-   September2023     Oktober 2023